Moorkienholz, Bio fürs Aquarium

  • Gedanken zur Verwendung von Moorkienholz
    Ich bin selber nicht wirklich in der Lage „plattdeutsch“ zu sprechen. „Kien“ meint bei uns in der Gegend aber regelmäßig Kiefer oder jedenfalls Nadelholz. Im Moor sind Kiefern und Fichten neben Birken auch die ersten und einzigen Bäume die in dem Milieu wachsen können. Erst später kommen ein paar andere Laubbäume hinzu. Bei den Moorkienhölzer handelt es sich daher ganz überwiegend um zähe Nadelholzwurzeln, meistens von Kiefern. Je nasser das Moor noch ist, umso früher sterben die Bäume auch wieder ab, deshalb auch die vielen toten Bäume im Moor. Die Wurzeln und Stumpen verneliben im Moor oftmals und werden dort konserviert, was wohl vor allem mit dem sauren Milieu zu tun hat. Wegen des Alters unserer Moore sind die dort zu findenden Wurzeln auch sehr alt Für mich handelt es sich um einen unverzichtbaren Baustoff zur Einrichtung von Becken für Südamerikaner: Bei sehr vielen Fischen des Amazonasbeckens wird der Lebensraum durch ins Wasser wachsende Wurzeln bzw. gefallene Bäume und Zweige bestimmt.
    Selbst Geophagen, die bevorzugt auf Sandbänken leben, ist jedenfalls während der Regen- und Überschwemmungszeit ein durch eingebrachtes Holz bestimmter Lebensraum nicht fremd. Viele Welse schätzen die eingebrachten Hölzer ebenfalls als Lebensraum oder auch um Teile der Wurzeln regelrecht abzuraspeln.
    Moorkienholz hat weiterhin Vorteile
    - des relativ geringen Eigengewichtes,
    - der guten Bearbeitungsfähigkeit sowie
    - des sehr geringen Preises.

    Jedenfalls bei Fischen aus Amazonien gibt es aber weiterhin auch einen nicht zu unterschätzenden wasserchemischen Vorteil, den ich nur anreißen kann, weil ich nicht vom Fach bin: Gerbstoffe, wie Huminsäuren sind in Hölzern aus Mooren angereichert und werden im Aquarium in einem langsamen Konzentrationsausgleichs an das Wasser abgegeben. Solche Huminsäuren schützen zum einen die Wurzeln durch Schaffung eines chemischen Umfeldes selber vor Zersetzung durch Bakterien.
    An das Wasser abgegeben hemmen sie die Vermehrung bestimmter Bakterien und Einzeller und sorgen im Mikrolebensraum so für eine Verminderung der Gesamtkeimzahl. Ausserdem sollen diese Huminsäuren sich positiv auf die Verdichtung der Körperoberfläche von Fischen haben und die Tiere so resistenter gegen Hautinfektionen machen. Bei der Hälterung von Fischen aus dem Amazonaseinzug wird man regelmäßig auch die leicht ansäuernde Wirkung der Wurzeln als Vorteil empfinden. Dabei muss man aber nie vor den beschriebenen Prozessen Angst haben, weil die Abgabe der Säuren und Stoffe durch das Holz langsam verläuft und die abgegebenen Dosen nie zu einer Überdosierung führen können, auch dann nicht, wenn viel von dem Holz eingebracht wird.

  • Ein wichtiger Umstand ist, die Tatsache, dass die Wurzeln praktisch frei von Schadstoffen und landwirtschaftlichem Dünger sind. Dies leuchtet ein, wenn man die Moorgebiete einmal selber besucht hat. Diese eignen sich, jedenfalls vor dem Torfabbau, einfach nicht für intensive Landwirtschaft, sondern lassen wegen des sauren und weichen Bodens allenfalls eine extensive Weidewirtschaft zu (mein Schwager ist Landwirt und ihm gehört auch ein Teil Hochmoor: er schimpft dass er damit nichts machen darf und dann auch noch Grundsteuer zahlen muss). Moore gelten sauer-, kalk-, stickstoff- und phosphatarm. Es herrscht eine hohe Schadstoffreinheit. Wegen des sauren Milieus und des zum Teil jahrtausende anhaltenden Luftabschlusses sind die Wurzeln auch gut konserviert und gegen viele Bakterien gefeit, solange sie sich im Moor befinden.
    Ich sehe einen weiteren und für mich sehr entscheidenden gestalterischen Vorteil dieser Hölzer gegenüber Steinholz, Mopani etc. Mopani wirken teilweise, weil sie schön verdreht sind ganz ansprechend. Um natürlich zu wirken, sind sie jedoch zu wenig verzweigt. Unterstände lassen sich nur mit der Kombination vieler solcher Mopanis erreichen. Bei mir im Garten liegen noch so größere Steinholzstücke. Gestalterisch sind diese nicht als Holzeintrag, also insbesondere nicht zur Gestaltung vertikaler Strukturen im Aquarium geeignet. Sie sehen letztlich nur aus wie Gesteinsbrocken, haben diesen gegenüber einen erheblichen preislichen Nachteil.
    Bei den Moorkienwurzeln sind die feinen Wurzelstrukturen, wie jeder sie von einem gefällten Baum kennt, zum großen Teil noch vorhanden. Sie eignen sich hervorragend zur Dekoration und zur Schaffung von skuril aber natürlich wirkenden Unterständen. Sollte es mal zu viel des Guten sein, nimmt man die Säge oder Rosenschere und kneift einfach alles ab, was nicht ins Becken passt oder stört.
    Die Beschaffung der Hölzer ist eigentlich denkbar einfach. Über die gesamte Republik verteilt findet man Gebiete, in denen auch heute noch Torf abgebaut wird. Ich habe einfach bei einer Internetsuchmaschine „Torfwerk“ eingegeben und bekam sofort eine Vielzahl von Hinweisen. Wenn man dort anruft und sagt, dass man Wurzeln fürs Aquarium braucht, wissen die meistens schon Bescheid, denn man ist natürlich nicht der erste, der da anruft. Da die Wurzeln dort störender Abfall bei der Düngetorfherstellung sind, wer sie zum großen Teil herausgesammelt. Als ich nach einer entsprechenden telefonischen Vorankündigung ein Torfwerk in unserer Region aufsuchte, zeigte mir ein Mitarbeiter zunächst diejenigen Hölzer die auf dem Hof lagen. Die waren aber nicht geeignet. So dann erhielt ich eine kurze Beschreibung, wo aktuell Torf abgebaut wird, was schon von weiten an den großen Baggern und Treckern zu sehen war. Dort stellte sich folgende Situation:
    Der abgebaute und überwiegend holzfreie Torf ist zu Halden von mehreren Metern Höhe aufgetürmt und wartet auf Abtransport. Auf den verbleibenden abgebauten Flächen wird immer noch eine feste Torfschicht von einigen Metern Dicke belassen.
    Dort waren in regelmäßigen Abständen die gefundenen Hölzer zu Haufen zusammengetragen, wohl auch um später abtransportiert zu werden.
    Hier findet man schon eine sehr große Auswahl an geeigneten Hölzern.
    Für den eiligen Beckeneinrichter haben diese Hölzer aber den Nachteil, dass sie bereits erheblich ausgetrocknet sind.
    Es gibt dort aber auch die Möglichkeit an feuchtes Holz zu kommen, dass deutlich schwerer ist: entweder treibt man sie mit Billigung der Arbeiter relativ nahe an den Baggern rum die die hohen Torfhalden auftürmen. Dort fallen natürlich die frisch aus dem Boden kommenden Hölzer an.
    Ich habe eine andere Möglichkeit genutzt. Dort wo der Torf abgebaut wurde, werden Entwässerungsgräben gezogen. Dort schauen dann noch eigentlich im Boden befindliche Wurzeln heraus, die mit ein wenig Geschick, Anstrengung und Werkzeug ohne Gefahr von großen Maschinen herausgearbeitet werden können. Diese Hölzer kommen frisch aus dem Boden, waren also bis zuletzt noch konserviert und sind auch schwerer. Die so gewonnenen Hölzer habe ich einige Tage in Maurerkübeln gewässert und dann in gewässertem Zustand mit dem Hochdruckreiniger behandelt.
    So lassen sich am besten die noch vorhandene Rinde und Torfreste entfernen.
    Wenn die Rinde dann weg ist, zeigen die Wurzeln erstmals eine schöne honigartige Färbung, die unter Wasser in das dunkle warme Braun übergeht.
    Während des Wasserns und Reinigens entferne ich mit Säge und Rosenschere bereits ungeeignete Stellen und Teile, wie zu dicke Stammteile oder Stellen mit erheblicher Zerfaserung. Auch mögliche Verwitterungsstellen kann man leicht wegschneiden.
    Das so bearbeitete Holz hat nur noch wenig Auftrieb und kann gut in das Aquarium. Die wichtigsten Hilfsmittel beim Einbringen der Wurzeln in das Becken</ACRONYM> sind auch hier wieder eine kleine handliche Säge, die Rosenschere und eine Kartusche mit Aquarien- oder Lebensmittelsilikon.
    Da bei mir alles schnell gehen musste, habe ich die Wurzeln mit einem kleinen Punkt Silikon direkt auf die Bodenscheibe fixiert. Wegen des geringen Gewichtes und des relativ weichen Materials halte ich das für vollkommen unbedenklich. Außerdem beschränkt sich die Verbindung auf einen kleinen Punkt und ist zudem auch flexibel. Wem das trotz allem nicht geheuer ist, der fixiert die Wurzeln an einem Stück PVC und legt dieses dann lose auf die Bodenscheibe und bringt danach den Bodengrund ein, der dann automatisch für das notwendige Gewicht auf dem PVC sorgt.
    Es kann schon nach relativ kurzer Zeit (bei mir rund 2-3 h) Wasser eingebracht werden. Allenfalls gibt das Silikon wohl etwas Essigsäure ab, die von der Konzentration vollkommen unbedenklich ist. Optimale Kontraste ergeben sich, wenn man zu den Hölzern hellen und feinen Quarzsand einbringt. Das sieht einfach fabelhaft aus. Ein weiterer Vorteil ist das vollkommene Fehlen von Nebel: aus mir nicht bekannten Gründen ist der feine Quarzsand aus dem Baumarkt mehrfach gewaschen und dann im Backofen gebacken worden. Da ist dann wirklich nur noch Sand und kein Staub mehr drin. So schnell und begeistert habe ich noch nie den Bodengrund ins Becken</ACRONYM> gebracht und vor allem ohne nervtötendes Waschen. Natürlich lassen sich auf die Hölzer die gewohnten Anubien, Farne und Moose aufbringen, muss nach meinem Geschmack aber gar nicht sein. Die zu viel geholten Moorkienhölzer dienen jetzt der Deko im Garten und auf der Terrasse.
    Meine verbauten Hölzer hätten mich bei dem Fachhandel, der mit echtem Moorkienholz im Netz wirbt, 200 € gekostet und ich hätte die Wurzeln nicht selber aussuchen können. Ausserdem hätte es auch keinen Spaß gemacht. Mögliche Nachteile: Als ich die Hölzer nach vier Tagen aus dem Mörtelkübeln holte und das Wasser zum Blumengießen verwandte, bekam ich einen Schreck. Das Wasser sah aus wie Kaffee mit dem man Tote aufwecken kann. Auch im Becken</ACRONYM> war es zunächst, so dass das Wasser sehr stark einfärbte. Tonröhrchen und neues Siporax in den Filtern hatten nach zwei Wochen ebenfalls eine dunkelgraue Farbe angenommen. Ich habe allerdings auch die von mir im großem Masse eingebrachten Korkeichenrinden in Verdacht, die Färbung des Wassers mit zu verursachen. Nach nunmehr drei Teilwasserwechseln und einem kurzen Ausspülen des Filtermaterials ist die Färbung optisch nicht mehr feststellbar. Dies mag auch an der Filterung liegen. Also nach drei Wochen habe ich kein Problem mit der Einfärbung des Wassers mehr. Ein weiterer möglicher Nachteil des Holzes ist eine gewisse Vergänglichkeit. Es büßt unter Wasser, wenn auch langsam an Masse ein. So wird es beispielsweise von meinen L-Welsen beständig bearbeitet.

    Dieser Prozess dauert, bis er merklich wird, sicher Jahre. Sollte dies einmal ein störendes Ausmaß annehmen, weiß ich ja, wo ich die nächste Wurzel herbekomme. Es ist halt kein Plastik sondern Natur.
    Ich habe nun in dieser Weise bereits mehrere Becken</ACRONYM> mit Wurzeln eingerichtet, von Bakterienbelag, wie manchmal im Netz berichtet konnte ich nichts feststellen, das kann nach dem oben beschriebenen auch nicht sein, wenn die Wurzeln nicht irgendwann verunreinigt wurden. Im Gegenteil habe ich bei der Verwendung von Mopani (das ging auch nach zwei Wochen Wässern noch nicht unter) aus der Zooabteilung einer großen Baumarktkette mit wenigen Buchstaben nach Befüllen des Beckens einen optisch ekligen schleimigen Belag auf den Wurzeln gehabt, der aber nach Einbringen der L-Welse nach wenigen Stunden weg war, ohne dass die Tiere merklichen Schaden genommen haben. Zusammenfassend kann ich sagen dass das selber gesuchte Moorkienholz in der wie oben bearbeiteten Weise ein optimales und sehr natürliches Gestaltungsmaterial darstellt und optisch besonders gut unter gleichzeitiger Verwendung von feinen und hellen Quarzsand und hellen flachrunden Flusskieseln wirkt. Die Kiesel habe ich bei entsprechendem Handel bei uns im Hafen bekommen. Für einen 10 Liter Eimer verlangt der Chef mit etwas mitleidvollem Lächeln zwei € für die Kaffeekasse. Der Kunde vor mir hatte mit seinem Kipper gerade mehrere Tonnen Sand geholt. Ich hoffe, dass dieser Beitrag eine kleine Anregung beim Geldsparen und Selbermachen geben kann. Überdies hat die Holzsuche im Moor auch meinen Kindern einen erfüllten Tag gebracht.
    Wenn jemand mehr über die chemischen Auswirkungen der Humin- und Fulvosäuren weiß, würde ich mich über eine Ergänzung sehr freuen.